Boden-Turtles

Seit 1970 ist die Schildkröte ein zentraler Bestandteil von Logo. Nach dem Vorbild von Elmer and Elsie, zwei schildkrötenähnlichen Robotern des Neurobiologen William Grey Walter, wurden am MIT AI Lab erste Bodenschildkröten (floor turtles) gebaut. Diese kleinen Gefährte (Boden-Turtles, engl. floor turtles) konnten sich vorwärts bewegen und drehen. Sie liessen sich mit einfachen Befehlen wie GEHE, LINKS, RECHTS steuern. Ein Schreibstift konnte angehoben und gesenkt werden (STIFT HOCH und STIFT AB), so dass durch die Bewegungen der Schildkröte auf einem darunter liegenden Papier Linien gezogen wurden. Damit konnte die Schildkrötengeometrie umgesetzt werden, d.h. eine Geometrie, die auf der Position und der Blickrichtung der Schildkröte aufbaut, und die für sie typischen Bilder erzeugt werden.

Ich habe lange nach heute erhältlichen Nachfolgern dieser Schildkröten gesucht, um damit (große) Papierversionen meiner Computerkunst herzustellen. Viele Angebote sind ausgeschieden, weil sie das Anheben und Senken des Zeichenstifts nicht unterstützen, ein Merkmal, das für meine Anwendungen meistens zwingend erforderlich ist. Meinen Bedürfnissen nahe gekommen wäre der Valiant Turtle Robot (Photo: roamerrobot), der zwischen 1983 und 2011 ziemlich erfolgreich vertrieben wurde. Leider konnte ich kein funktionsfähiges Exemplar auftreiben (es gibt aber einen Nachfolger Roamer Too, der immerhin mit einem Pen Modul entsprechend aufgerüstet werden kann).

Als aktuelle Nachfolger können auch der Pro-Bot und der InO-Bot (Photo:terrapinlogo) aus Terrapins Bot-Serie angesehen werden. Beide werden mit Terrapin Logo-Kommandos gesteuert.

Mein Lieblingsgerät ist derzeit der Root-Roboter, der sich horizontal und – dank Magneten – vertikal auf metallenen Whiteboards bewegen kann. Er kann nicht nur zeichnen, sondern seine Spuren auch wieder löschen. Er ist ausgestattet mit Sensoren, Farbscanner, Licht- und Tonausgabe sowie einem Erweiterungsanschluss für Hardware-Ergänzungen. Programmiert wird mit Apps, bei denen sowohl mit Grafikblöcken oder mit herkömmlicher textueller Programmierung gearbeitet werden kann. Das Produkt gehört  nicht zu den billigen Varianten (er kostet 199,99 $).

Erschwinglicher (ab ca. 120,- €) ist der Thymio, der an der ETH Lausanne entwickelt wurde. Er besitzt etliche Sensoren, Aktoren und Steuerungselemente. Programmiert wird er mit Aseba (VPL ist eine grafische Variante dazu), Scratch oder Blockly. Auch wenn er nicht den Stift anheben und senken kann, verwende ich ihn gern, weil er ziemlich präzise zeichnet.

Etwas Bastelarbeit erfordern Bausätze, die allerdings nur einen mechanischen Aufbau erfordern. Der bekannteste ist das mDrawbot Kit (mit dem gleich vier unterschiedliche Zeichenroboter gebaut werden können) aus der Baureihe von Makeblock (aber derzeit – Juni 2020 – nicht lieferbar).

Man kann natürlich auch versuchen, eine Bodenturtle selber zu bauen. Josh Burker hat das auf der Basis des Adafruit METRO Mini Einplatinencomputer gezeigt. Programmiert wird sie mit Turtle Art bzw. Turtle Blocks. (Photo: Josh Burker)

Fazit: Bleibt am Ende die Qual der Wahl zwischen den  Alternativen. Entscheidend ist der geplante Kontext. Wie flexibel muss der Roboter sein? Werden Sensoren gebraucht? Wie ist er programmierbar? Natürlich kann auch der Preis zum Ausschlusskriterium werden. Bei den Bausätzen ist immer der entsprechende Mehraufwand bis zur Inbetriebnahme einzurechnen – und auch ein wenig Geschick bei Aufbau, Test und Kalibrierung.

Vermutlich ist meine Zusammenstellung unvollständig. Für Hinweise auf weitere Produkte bin ich deshalb dankbar.